Freispruch für die Nazi-Hexe und Rüffel für den Staatsanwalt
Das Landgericht Köln hat am heutigen 17.
Februar 2017 ein Urteil der Vorinstanz (Amtsgericht Köln, 60 Tagessätze)
aufgehoben und die als „Nazi-Hexe“ titulierte politische Rednerin Sigrid Schüßler
vom Vorwurf des Verunglimpfens des religiösen Bekenntnisses gemäß § 166 StGB
freigesprochen. Schüssler hatte auf einer Kundgebung im November 2015 in einer
längeren Ansprache unter anderem Akif Pirinci mit dessen Metapher vom Islam,
der nach Deutschland gehöre, wie Scheiße auf den Esstisch zitiert. Dieser Ausdruck rief die Strafverfolgungsbehörde auf
den Plan. Der § 166 wird selten angewendet, erfährt aber derzeit eine gewisse Konjunktur. Denn die selbe Denkrichtung, die einmal geneigt war, ihn als Gotteslästerungsparagraphen
für obsolet zu erklären, hat inzwischen erkannt, dass man mit ihm unerwünschte
Islamkritiker mundtot machen kann. Um nichts anderes ging es in diesem Verfahren.
Man mag sich fragen, wann jemals ein islamischer Fanatiker für seine antichristlichen
Ausfälle vor Gericht gestellt wurde; umgekehrt geht es um so schneller. Das Gericht
sah die inkriminierte Äußerung jedoch im Gegensatz zur Vorinstanz als grenzwertig
an, und was grenzwertig ist, ist nicht strafbar. Hexenverfolgung gescheitert!
Bemerkenswert war das Verhalten des Oberstaatsanwaltes, der sich zu keiner Zeit Mühe gab zu verbergen, wie sehr es ihm
ein persönliches Anliegen war, die, wie er es nannte, „Hetze“ der Angeklagten inquisitorisch
zu richten. In seinem Plädoyer wurde er deshalb zuerst beleidigend, beim
Urteilsspruch war er dann beleidigt. Als er mit langen aber dünnen Ausführungen
die angebliche Eindeutigkeit des Tatbestandes herbeizureden versuchte
(juristische Kraftausdrücke sind meistens Zeichen argumentativer Schwäche), nannte
er die Angeklagte sinngemäß einem verqueren Weltbild verhaftet, was er sodann
auch auf den Verteidiger bezog. Er verstieg sich sogar dazu, dessen rechtliche Ausführungen
zur Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG (auf den zu
berufen er in einem Vergleichsfall als „ichbezogen“ titulierte) in diesen
Kontext einzubeziehen. Für diesen Fauxpas handelte er sich einen verdienten
Rüffel des Richters ein. Auch solche Ausführungen halte die Kammer für
grenzwertig, sagte der Vorsitzende zum Abschluss der Verhandlung mit der
gebotenen Süffisanz. Treffer!
Vielleicht lernt der Ankläger daraus, dass
seine politischen Befindlichkeiten nicht in einen Gerichtssaal gehören. Schmollend
begab er sich schließlich zu einem Vertreter der Qualitätspresse, wo er
offensichtlich einen Frustversteher vermutete. Voller Wut, Trauer und
Betroffenheit kündigte er an, Revision einlegen zu wollen. Da kann man nur
sagen: Glück auf!