AB Mittelrhein: politischer Mammutprozess seit 200 Verhandlungstagen
Im Windschatten des NSU - Verfahrens um Beate Zschäpe und
andere findet seit August 2012 an mittlerweile 200 Verhandlungstagen (!) vor
der Staatsschutzkammer des Landgerichts Koblenz das Strafverfahren „Aktionsbüro
Mittelrhein“ statt. Hier stehen 20 von ursprünglich 26 Angeklagten vor Gericht,
denen die Staatsanwaltschaft vorwirft, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu
haben. Aus der 926 Seiten dicken und damit um über 300 Seiten umfangreicheren
Anklageschrift als diejenige im NSU-Prozess wird allerdings deutlich, dass der
eigentliche Vorwurf ein politischer ist. Die Angeklagten sollen sich zum Ziel
gesetzt haben, einen NS - Staat zu errichten und dergleichen. Das wiederum ist nur der Totschlagbegriff, um
eine Gruppe junger Leute zu kriminalisieren, denen man im eigentlichen
anlastet, den nationalen Widerstand organisiert zu haben. Das strafprozessuale
Vorgehen ist mithin die Maske, mittels derer der politische Gegner ausgeschaltet
werden soll.
Entsprechend des zwangsläufig politischen Charakters eines
solchen Prozesses gestaltete sich bislang die Beweisaufnahme, die vom Sozialarbeiter über Toleranzbündnisse „gegen
rechts“, den Verfassungsschutz bis zum erklärten Antifaschisten alles aufbot, was
in puncto Volksfeindschaft in der Bundesrepublik Deutschland von Gewicht ist.
Zu hören bekommt man von diesen Repräsentanten des Systems sattsam bekannte
Sprechblasen, die bei der Aufklärung von Straftaten, um die es angeblich geht,
meist wertlos, aber zur Stimmungsmache höchst geeignet sind.
Was die Verfolgungsbehörden offensichtlich nicht
einkalkuliert hatten, war der Widerstandswille der Angeklagten und jener
Verteidiger, die ihre Aufgabe ernst nehmen (was nicht bei allen der Fall ist,
die etwa während der stundenlangen Verlesung abgehörter Telefonate oder sms die
Zeitung studieren oder die Akten anderer Fälle bearbeiten, oder sich nur kurz im Gerichtssaal blicken und ihre Anwesenheit feststellen lassen, um die Terminsgebühr zu kassieren). Sie haben mit eiserner
Konsequenz die Argumentationslücken der Staatsanwaltschaft aufgedeckt,
Beweismittel hinterfragt und immer und immer wieder eigene benannt.
Folgerichtig wurden bereits die nächsten 130 Verhandlungstage eines der längsten Prozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte angesetzt (zum
Vergleich: das RAF - Verfahren erstreckte sich über 192, der erste Auschwitzprozess
über 183 Verhandlungstage). Ein Ende ist nicht abzusehen. Es zeigt sich jeden Tag mehr, dass das Strafrecht an seine
Grenzen gelangt, wenn es dazu missbraucht werden soll, politisch unliebsame
Personen mundtot zu machen. Und das ist auch gut so!