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Freitag, 30. November 2018

NICHT  IM  ANSATZ

Rechtskräftige Freisprüche im Aachener Germanshop-Prozess


Die 9. Strafkammer des Landgerichts Aachen hat heute, am 30. November 2018, zwei Männer von dem Verdacht des bandenmäßigen Drogenhandels freigesprochen. Sie gehörten zu einer Gruppe von fünf Angeklagten, gegen die seit Februar 2018 verhandelt wird. Ihnen wurde bzw. wird vorgeworfen, im sogenannten Darknet den Rauschgifthandel organisiert zu haben. Es soll sich dabei um ein Verkaufsportal namens German-Shop handeln. In der Presse war immer wieder herausgestrichen worden, dass die Verdächtigen der rechten Szene angehören bzw früher angehörten, obwohl das für den Tatvorwurf belanglos ist.

Im Verlauf des Verfahrens ist die Anklage Stück für Stück zerbröselt. Dazu hat maßgeblich eine Reihe von Ermittlungsfehlern und Nachlässigkeiten beigetragen, die zum Teil groteske Ausmaße angenommen hatten:

- Bei einer angeblichen Gegenobservation, die dazu dienen sollte, den Einwurf von Drogenbriefen in einen Briefkasten zu sichern, sagte das Bauchgefühl den beobachtenden Beamten, dass eine schwarz gekleidete Person eine zentrale Rolle spiele. Leider war die Person verschwunden, nachdem ein Linienbus ihren Standort passiert hatte. Anlass zu weiteren Nachforschungen gab das nicht.

- Um festzustellen, welcher Brief in einen Briefkasten eingeworfen worden war, warfen Polizisten einen großen Umschlag hinterher. Mit diesem sogenannten Nachwurf sollte der vorherige Einwurf festgestellt werden. Keine Satire!    

 - Kaum einer der beteiligten Polizisten hat die Ermittlungen von Beginn bis Ende begleitet. Urlaub, Versetzung, Krankheit usw. führten dazu, dass eine größere Anzahl von Ermittlern irgendwie und irgendwann an dem Verfahren mitgearbeitet haben, aber keiner richtig. Dementsprechend schob im Gericht einer die Verantwortung auf den anderen: "Das müssen Sie Herrn X fragen." "Dafür war Frau Y zuständig." "Ich hatte damit nichts zu tun." "Ich habe nur die Ergebnisse der Beobachtung zusammengeschrieben, habe aber selber nichts gesehen." "Das ist zwar mein Bericht, aber so habe ich das niemals gesagt." Derart sprachen die Zeugen allermeist.

- Die Finanzunterlagen wurden nicht sorgfältig ausgewertet, so dass bis zum Schluss im Raume stand, dass einer der Angeklagten dubiose Bitcoingeschäfte getätigt hätte.

 - Auch die abgehörten Telefonate waren nur ausgesprochen oberflächlich ausgewertet worden, so dass die Strafkammer selbst das ganze Material durchforsten musste. Dabei trat eine Masse entlastender Gesichtspunkte zutage.

All das ist nicht nur ärgerlich, sondern im Grunde skandalös, denn eine ordnungsgemäße Polizeiarbeit hätte den beiden Angeklagten, die wie anfänglich alle fünf inhaftiert waren, womöglich eine monatelange Untersuchungshaft erspart. Folgerichtig kritisierte die Vorsitzende der Strafkammer bei der Urteilsverkündung die Defizite der Ermittlungsarbeit und sprach aus, dass die Angeklagten für die U-Haft zu entschädigen sind. Ihr Fazit im allgemeinen lautete, dass die Beweisaufnahme "nicht im Ansatz" eine Verurteilung gestützt hätte. Da die Staatsanwaltschaft Rechtsmittelverzicht erklärte, sind die Freisprüche rechtskräftig. Gegen die drei anderen Angeklagten läuft das Verfahren weiter.

LG Aachen 69 Kls 901 Js 15/17-22/17