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Freitag, 20. September 2019

Fall Lübcke: Fragwürdige Haftentscheidung

 BGH-Beschluss mit politischem Unterton

 

Was zu befürchten war, ist eingetreten. Mit Beschluss vom 22. August 2019, der der Verteidigung jedoch erst am 14.09.2019 zugestellt wurde, hat der Bundesgerichtshof die Haftbeschwerde eines Mitbeschuldigten im Lübcke-Fall verworfen. Nahezu gleichzeitig wurde der Vorgang pressebekannt.... Dem Mann wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen. Zwar folgte der BGH den Argumenten der Verteidigung, nach denen die Vermittlung eines Kontaktes zu einem Waffenhändler vor dem Oktober 2015 keine Förderug einer knapp vier Jahre späteren Tat sein konnte. Jedoch meint das Gericht, dass der Beschuldigte den Hauptverdächtigen durch gemeinschaftliche Schießübungen und die Teilnahme an Demonstrationen in dessen Willen zur Tat bestärkt habe, einer Tat wohlgemerkt, die nie ausdrücklich erwähnt wurde. 

Psychische Beihilfe


Um diesen Verdacht zu stützen, greift der BGH auf die Rechtsonstruktion der sogenannten "psychischen Beihilfe" zurück. Sie wird oft dann bemüht, wenn man gegen einen Beschuldigten nichts in der Hand hat, aber gerne etwas in der Hand hätte. Die Fragwürdigkeit der Entscheidung lässt sich z.B. daran ablesen, dass mehrfach auf die Teilnahme an Demonstrationen abgestellt werden, auf Handlungen also, die dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit unterliegen. Auch der Hinweis auf Fremdenfeindlichkeit als mutmaßliches Mordmotiv als niederer Beweggrund darf nicht fehlen. Das klingt logisch, birgt aber die Gefahr, dass eine juristische Bewertung vom politischen Standpunkt des Gerichts abhängt: was der eine fremdenfeindlich nennt, ist es für den anderen nicht. Den Beschluss durchzieht somit ein zwar ncht übermäßiger aber vernehmbarer politischer Unterton.     

Rechtsstaatsprinzip verletzt?


Befremdlich ist bei all dem, dass der BGH ergänzende Akteneinsicht bezüglich eines Vorganges ablehnte, der über die Glaubhaftigkeit einer Belastungszeugin hätte Aufschluss geben können. Aus Sicht der Verteidigung hat er damit das Rechtsstaatsprinzip verletzt. Eine Verfassungsbeschwerde wird deshalb geprüft. 

Az. BGH StB 21/19