2 Tage Facebook - 110 Tagessätze Strafe
Das
Landgericht Mönchengladbach hat am 23. Februar 2015 eindrucksvoll bewiesen, wie
die politische Justiz im freiesten aller freien Staaten aussieht. Und es ließ
sich auch nicht nehmen, gleich zu Beginn seiner Urteilsbegründung
klarzustellen, dass Vergleiche, beispielsweise mit den Vereinigten Staaten von
Amerika, demjenigen Staat, der unsere westliche Werte- und Bündnisgemeinschaft
anführt, unzulässig seien, ein Vergleich, der dem Vorsitzenden Richter, der
aussah, wie ein gütiger Großvater, sich aber in den Augen des Angeklagten wie
ein ungnädiger „Apo-Opa“ verhielt, ersichtlich nicht schmeckte. Was war
geschehen? Ein verschwommenes Foto eines kommunalpolitisch aktiven
Familienvaters, der eine kleine, nicht im Bundestag befindliche,
Oppositionspartei im Rat einer Provinzgemeinde in Nordrhein-Westfalen vertritt,
wurde von einem politisch korrekten Denunzianten bei Facebook entdeckt. Mit
Mühe auf dem entblößten Unterarm zu erahnen: der Spruch „Meine Ehre heißt
Treue“. Wenn sich der normale Bundesbürger nun fragt, welche
Sozialschädlichkeit die Präsentation solcher Schlagworte mit sich bringt und
somit strafwürdig sein könne (es hat nicht gebrannt, es fehlt niemandem ein
Auge, auch kein Geld), so kennt er die Gesetzeslage nicht. Denn im
Juristendeutsch ist mit der genannten Parole das Verwenden von Kennzeichen
einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation gemäß § 86a Absatz 1 Nr.
1 StGB in Verbindung mit § 86 Absatz 1 Nr. 4 StGB erfüllt, da sie dereinst auf
den Dolchen der SS eingraviert war. Und wenn der normale Bürger weiter glaubt,
dass eine Tatoowierung des eigenen Armes Privatsache sei und der staatliche
Strafanspruch am eigenen Körper enden müsse, so wie es das Menschenwürdegebot
des Artikels 1 GG nahe legt, so täuscht er sich erneut. Denn an der Bewältigung
dessen, der vor 70 Jahren von uns ging, kratzt keine Menschenwürde, keine
Meinungsfreiheit und kein Gleichheitsgrundsatz (der zum Beispiel hinterfragt,
warum ungestraft Ho Chi Minh gerufen, Hammer und Sichel gezeigt, Stalin
verherrlicht werden darf). Und so war das nachweislich zwei (ZWEI!) Tage
sichtbare Tatoo mit der SS-Losung 110 Tagessätze wert. Das nennt man sportlich,
zumal damit die Grenze von 90 Tagessätzen, ab der man landläufig als
vorbestraft gilt, überschritten ist. Den Begriff Gerechtigkeit, dem der
Verteidiger in seinem Plädoyer Gewicht zu verleihen versucht hatte, hörte man
von dem Mann, dessen Verhalten dem Angeklagten wie ein „Apo-Opa“ erschien, in
seinem Urteil übrigens nicht.
LG
Mönchengladbach 30 Ns 720 Js 222/14-143/14 (Wir fragen jetzt nicht, ob für die
Vergabe des Aktenzeichens Ns ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.)
Auf dem Bild sieht man den Verteidiger mit seinem Mandanten und einer Prozessbeobachterin, die die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze kontrollieren wollte. Das Relief trägt die Unterschrift "fürs Vaterland". Noch ein Ermittlungsverfahren? Vielleicht Volksverhetzung, Vorbereitung eines Angriffskrieges, geistige Brandstiftung...?