Lübcke Verfahren: Jagdeifer des Nebenklagevertreters
Vorsitzender Richter verwahrt sich gegen Vorwürfe der Parteilichkeit
In dem Strafverfahren wegen der Tötung des ehemaligen Regierungspräsidenten von Kassel, Dr. Walther Lübcke, legt der Nebenklagevertreter der Famile seit dem 01. Oktober 2020, dem Tag der Haftentlassung des Nebenbeschuldigten H., einen außergewöhnlichen Jagdeifer an den Tag, der darauf zielt, ihn entgegen aller bisherigen Erkenntnisse in der Hauptverhandlung "ins Zentrum" des Geschehens zu rücken. Deshalb stellte er diverse ausufernde Beweisermittlungsanträge. Unter anderem beharrt er darauf, die Handakten des ehemaligen Verteidigers des Hauptangeklagten E. beschlagnahmen und eine E-Mail, die er an den Sprecher der Familie L verschickt hat, verlesen zu lassen.
Gerade der letztgenannte Antrag ist als „Beweis“- mittel völlig ungeeignet im Sinne von § 244 Absatz 3 Satz 3 Ziffer 4 StPO. Denn der Antrag ist weder ein Beweis- noch ein Beweisermittlungsantrag, sondern ein strafprozessual nicht benannter Antrag sui generis; oder auch ein strafprozessuales Nullum. Gemäß § 244 Absatz 3 Satz 2 StPO liegt ein Beweisantrag nämlich nur vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmte behauptete Schuld- oder Rechtsfolgentatsache zu erheben. Der Antrag beschränkt sich aber darauf, eine bestimmte Rechtsansicht eines ehemaligen Verfahrensbeteiligten kundzutun, der bereits so lange nicht mehr am Prozess teilgenommen hat, dass er das derzeitige Verfahrensstadium nicht kennt. Folglich kann er die Entscheidung über die Haftfrage bezüglich des Nebenbeschuldigten nicht beurteilen. Außerdem hat es weder für die Tatfragen noch für die Rechtsfragen irgendeine Bedeutung, wie ein Dritter darüber denkt. Soweit in dem Antrag überhaupt ein Anknüpfungspunkt zum Prozessgegenstand vorliegt, ist er durch die Einvernahme eines Zeugen, und zwar eines Mitarbeiters des ehemaligen Verteidigers, in der Hauptverhandlung vom 26.11.2020 abgearbeitet.
Nach Ansicht der Verteidigung H. dient sowohl ein solcher Antrag als auch die weitere Prozesstaktik des Nebenklägervertrters vor allem der Prozessverschleppung. Das erschließt sich im Zusammenhang mit dem außergerichtlichen Wirken des Antragstellers. Es ist von einer außergewöhnlich emsigen Pressearbeit gekennzeichnet, die der Nebenklagevertreter im, man muss leider sagen: kollusiven, Zusammenwirken mit dem eigens für den Prozess engagierten Sprecher der Nebenklage, Dirk Metz, betreibt. Sie nimmt mehr und mehr den Charakter einer regelrechten Kampagne gegen den Nebenbeschuldigten an. Das schlug sich auch in zwei aktuellen Berichten von Julia Jüttner in der Online-Ausgabe des Spiegels nieder. Davon befasst sich derjenige vom 28.11.2020 unter der Überschrift „Der Kampf der Familie Lübcke“ zentral mir den genannten Anträgen Der Nebenklägervertreter und sein Adlatus versteigen sich darin zu der Aussage:
„Die Familie Lübcke hat schon seit mehreren Wochen den zunehmenden Eindruck gewonnen, dass weitere Aufklärung zur Tatbeteiligung von H. nicht gewünscht ist, weil dies den Senat in die Gefahr bringen könnte, die eigene Haftentscheidung revidieren zu müssen.“
Dabei verschweigen sie, dass der Bundesgerichtshof die von ihnen kritisierte Haftentscheidung mit Beschluss StB 38/20 vom 29.10.2020 bestätigt hat. Im Übrigen äußern sie expressis verbis Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Senatsmitglieder, denen sie die Bevorzugung des Nebenbeschuldigten vorwerfen. Es liegt nahe, dass mit dieser Art von Öffentlichkeitsarbeit Stimmung gegen ihn gemacht und Druck auf den Senat aufgebaut werden soll.
Zu Beginn der HV vom 01.12.2020 wies sie der Vorsitzende Richter denn auch seinerseits in deutlichen Worten zurück. Ein wunschgeleitetes Ergebnis werde der Prozess nicht finden. Scharf kritisierte er ferner die von der Nebenklage via Presse lancierten Vorwürfe der Parteilichkeit.
Justament in diese Zeit fällt nun die
geplante Ausstrahlung eines sogenannten "Doku-Dramas" in der ARD, und zwar am 04.12.2020.
Das heißt, noch vor der Urteilsverkündung will der Hessische Rundfunk als
federführende Sendeanstalt medial allen Zuschauern mitteilen, wie der Fall abgelaufen
ist. Dirk Metz war übrigens früher Sprecher der hessischen Landesregierung.
Honi soit, qui mal y pense.