Wie man den Rechtsschutz torpediert
Am Verwaltungsgericht Düsseldorf
wurde am 28. August 2015 eine Feststellungsklage der Anmelderin der
DÜGIDA-Kundgebungen, eine an PEGIDA angelehnte Veranstaltungsform in
Düsseldorf, die im ersten Jahresdrittel für Aufsehen gesorgt hatte, verhandelt.
Im Januar dieses Jahres hatte das Verwaltungsgericht mit einer Einstweiligen
Anordnung (im Eilverfahren nach § 123 VwGO) einen Aufruf des Düsseldorfer
Oberbürgermeisters zur Teilnahme an der Gegenkundgebung sowie eine symbolische
„Licht-aus-Aktion“ untersagt. (Aktenzeichen 1 L 54/15). Diesen Beschluss hatte
das OVG Münster mit der bemerkenswerten Begründung aufgehoben, die Sache sei zu
schwierig, um sie in der Kürze der für ein Eilverfahren zur Verfügung stehenden
Zeit zu entscheiden, solche weitreichende Rechtsfragen könnten nicht außerhalb
des Hauptsacheverfahrens geklärt werden (Beschluss 15 B 45/15).
Nicht nur wegen dieser
Enthaltsamkeit, die die Internetausgabe der legal tribune am 05.02.2015 in die
Nähe der Rechtsschutzverweigerung rückte http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/duegida-demonstration-oberbuergermeister-duesseldorf-rechtsschutz/,
entbrannte ein vehementer öffentlicher Streit um das Verfahren. Denn der
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt hatte zunächst öffentlich erklärt, den
Beschluss der ersten Instanz nicht befolgen zu wollen; ob die Lichter in der
Stadt abgeschaltet würden, sei „unsere Kanne Bier“. In der daraufhin
einsetzenden Debatte wurde zunehmend der Präsident des Verwaltungsgerichts, Dr.
Andreas Heusch, der gleichzeitig Vorsitzender der Beschlusskammer ist, mit
Angriffen, die eine sehr persönliche und polemische Färbung annahmen,
kritisiert. Er sah sich sogar gezwungen, über die Presse dem Oberbürgermeister
zu bescheinigen, dieser gefährde den Rechtsfrieden.
Der Mut vor Königsthronen, der
das Gericht und seinen Vorsitzenden im Eilverfahren noch ausgezeichnet hatte,
war ihm am 28. August, aus welchen Gründen auch immer, abhanden gekommen. Zwar
erläuterte der Vorsitzende in salbungsvollen Worten, dass das Gericht nach wie
vor an seiner Rechtsansicht festhalte, der Aufruf des OB sei rechtswidrig
gewesen und habe einen Grundrechtseingriff gegen die Klägerin dargestellt. Nur
fehle jetzt, im Hauptsacheverfahren, leider das sogenannte
Feststellungsinteresse der Klägerin (also die Prozessvoraussetzung, damit ein
Gericht eine Angelegenheit entscheiden kann, die sich durch Zeitablauf erledigt
hat). Die Klage (1 K 1369/15) wurde somit abgewiesen.
Die Klägerin steht nunmehr vor der surrealen Situation,
dass sie vom OVG im ersten Verfahren wegen der kurzen Entscheidungszeit
(sinngemäß) auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wurde, dieses Verfahren nun
aber mangels Feststellungsinteresses unzulässig sein soll. Anders ausgedrückt: Das
OVG hat im Eilverfahren in der Sache nicht entschieden, weil die Zeit zu knapp
war, das VG Düsseldorf hat in der Sache ebenfalls nicht entschieden, weil die
Klage nicht zulässig war, dieselbe Klage, die aber nach Meinung des OVG nur im
Hauptsacheverfahren entschieden werden kann!
Ein effektiver Rechtsschutz, wie
ihn das Grundgesetz in Artikel 19 Absatz IV vorschreibt, sieht anders aus. Hier
wurde er torpediert. Daher wird das Verfahren wahrscheinlich nicht eher
als vor dem Bundesverfassungsgericht enden.