Mittwoch, 4. März 2015

„WENN ES PASST, JA!“


Fast genau um die Mittagszeit des 04. März 2015 kam es in der Hauptverhandlung vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Koblenz beim legendären AB-Mittelrhein-Prozess in Saal 128 zum high noon. Aufzuklären war ein eher randständiger Tatvorwurf, bei dem es um eine Aussage in einem früheren Prozess ging. Dieser frühere Prozess wiederum rankte sich um die Störung des Infostandes einer kleinen, nicht im Bundestag vertretenen, Partei im Wahlkampf 2008, namentlich ein Plakat, das eine verschleierte Frau zeigte. Das hatte den Zorn eines gutmenschlichen Wutbürgers auf sich gezogen, der mit demokratischem Elan die sofortige Entfernung verlangte. In dem Urteil des Landgerichts Koblenz heißt es hierzu:

„Für die Kammer war der Zeuge in allen Belangen glaubwürdig, seine Bekundungen glaubhaft. Insbesondere deshalb, weil der Angeklagte ersichtlich sich
für die Belange anderer, insbesondere ausländischer Jugendliche einsetzt, in             dieser Richtung sich auch kommunalpolitisch betätigt und stolz darauf ist, dass· seine Heimatstadt ausländerfreundlich sei. Dementsprechend ist es ihm hoch anzurechnen, dass er den Mut gefunden hat, sich einer Überzahl zu stellen und' '
zu verlangen die Plakate abzuhängen.“
    
Diese Passage erweckte das Interesse der Verteidigung. Sie wollte von dem Richter, der das damalige Urteil verfasst hatte, wissen, wie eine Formulierung ins Urteil komme, die mehr oder weniger den Rechtsbruch belobige. Denn der Versuch, ein politisches Plakat zu entfernen, ist mindestens ein Eingriff in die Rechte der politischen Partei, ihren Wahlkampf unbehindert  zu führen.

Schließlich fragte der Verteidiger:

            „Fließen politische Ansichten bei Ihnen ins Urteil oder ins Strafmaß ein?“

Die unzweideutige Antwort des Zeugen, wir wiederholen, es handelt sich um einen Berufsrichter an einem deutschen Landgericht: lautetet:

            „WENN ES PASST; JA!“

Der Verteidiger hatte keine weiteren Fragen.  

Montag, 2. März 2015




DÜGIDA: Die Feinde des Rechts im Rathaus, im Zentralrat und an anderer Stelle






oder:
Der OB, der es nicht lernt
  

Die rechtliche Auseinandersetzungen um die Dügida-Kundgebungen gewinnen eine neue Qualität. Seitdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Oberbürgermeister der Stadt, Thomas Geisel, am 09.01.2015 (1 L 54/15) untersagt hat, die Beleuchtung städtischer Gebäude abzuschalten, um ein Zeichen gegen die Kundgebung gegen die Islamisierung des Abendlandes zu setzen, reißen die Rechtsstreite nicht ab. Denn neben dem Bürgermeister, der die Anordnung des Gerichts zunächst nicht befolgte und dem der Präsident des Verwaltungsgerichts daraufhin attestierte, den Rechtsfrieden zu gefährden (s. Rheinische Post vom 16.01.2015 http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-gericht-thomas-geisel-gefaehrdet-rechtsfrieden-aid-1.4803680), befleißigte sich auch die Versammlungsbehörde nach Kräften, den inzwischen recht unverhohlen artikulierten politischen Willen auf Behinderung der Versammlungsfreiheit durchzusetzen. Zuvor hatte zwar das OVG Münster mit Beschluss  vom 12.01.2015, 15 B 45/15 die „Licht-aus“ - Entscheidung aus Düsseldorf aufgehoben, sich dabei aber so erkennbar mit der Begründung, die Rechtsfrage sei zu schwierig, um sie im Sinne der Versammlung zu entscheiden (was ein juristisches Patt und damit eine Entscheidung zu ungunsten der Anmelderin als diejenige, die den Anspruch stellte, bewirkte), ins Unrecht gesetzt, dass Dügida politisch als Sieger aus diesem Streit hervorging. In der Wissenschaft fand sich denn auch harsche Kritik für die Rechtsverweigerung aus Münster, z.B. in der legaltribune online vom 05.02.2015: „Das OVG, das sich nicht traut“, http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/duegida-demonstration-oberbuergermeister-duesseldorf-rechtsschutz/      

Nun aber zur Versammlungsbehörde, der Polizei des Landes NRW, in Gestalt des Polizeipräsidiums Düsseldorf: Zunächst untersagte sie mit einer Auflage vom 16.01.2015, bei der Versammlung am 19.01.2015 eine Zwischenkundgebung durchzuführen und ordnete gleichzeitig an, die Wegstrecke auf etwa die Hälfte zu verkürzen. Als Grund behauptete sie Sicherheitsprobleme und Behinderungen des öffentlichen Personenverkehrs im Bereich des Hauptbahnhofes. Nun genügt ein flüchtiger Blick in die Gesetze der Logik, um festzustellen, dass Engpässe im Bahnhof nicht behoben werden können, indem eine Versammlung, die sich vom Bahnhof wegbewegt, einen kürzeren Verlauf nimmt oder auf einige Redebeiträge verzichtet. Und um die Gesetze der Logik zu erkennen, muss man kein Jurist sein. Folgerichtig hob das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss 18 L 120/15 vom 19.01.2015 die Auflage auf. Diesmal konnte selbst das OVG Münster nichts gegen die Einhaltung der Rechtsordnung unternehmen (Beschluss 15 B 75/15).     

Eine Woche später sollte dann der Sammlungsort nicht genehm sein, ebenfalls vom VG aufgehoben, und am 23.02.2015 nun, erging kurz vor dem Mittagessen das Verbot für die Demonstration vom gleichen Tage, einen Rundweg zu beschreiten, der an einer Moschee vorbeiführen sollte. Grund: Der Gottesdienst von 18:00 Uhr und das Nachtgebet von 19:30 Uhr würden gestört. Wiederum vermochten die Gesetze der Logik nicht zu erklären, wie ein Gebet oder der Gang dorthin um 18:00 Uhr durch eine Kundgebung gestört werden könne, die um 19:00 Uhr beginnt und wie ein Gebet um 19:30 Uhr gestört werden könne, wenn die Versammlung frühestens um 19:45 am fraglichen Ort vorbeiziehen würde. Das VG Düsseldorf, das sowohl die Gesetze der Logik als auch diejenigen der Verfassung kennt, hob zum dritten Mal in kurzer Folge die Auflage gegen Dügida auf (Beschluss 18 L 586/15 vom 23.02.2015); und wenn die Versammlungsbehörde ihr Vorgehen insofern als besonders trickreich angesehen haben mag, als sie die vorgenannte Auflage erst gegen Mittag des streitigen Tages erließ, weil sie geglaubt haben mag, die Versammlungsanmelderin oder deren Rechtsanwalt seien außerstande, spontan auf diesen Eingriff zu regieren, oder das Verwaltungsgericht sei nicht in der Lage, schnell zu entscheiden, dann schlug dieser neunmalkluge Schachzug auf die Behörde selbst zurück: Denn die Entscheidung des VG kam dann zwangsläufig so kurz vor dem Beginn der Kundgebung, dass die Behörde nicht mehr Beschwerde zum OVG erheben konnte. Backenschieber nennt man das im Skat.      


Begleitet wird all dies durch öffentliche Stimmungsmache, angeführt durch fragwürdige Aktionen der ethno-türkischen Anwältin Gülsen Celebi, die nicht nur Briefe an alle möglichen Stellen schreibt, um künftige Dügida-Versammlungen zu verhindern, sondern auch die Räume ihrer Kanzlei bewusst oder unbewusst Personen zur Verfügung stellte, die von dort Wasser auf die Teilnehmer der Kundgebung gossen, so geschehen am 12.01.2015. Die Anwältin, die eigentlich als Organ der Rechtspflege Sachlichkeit walten lassen und die Grundrechte anderer akzeptieren sollte, könnte damit eine Straftat im Sinne des § 21 VersG zugelassen haben. Dort heißt es:

„Wer in der Absicht nichtverbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

In ihre Gesellschaft sind inzwischen etliche andere Personen aus dem öffentlichen Leben getreten:

So durfte in der Neuen Rhein Zeitung vom 25.02.2015 (auch: http://www.derwesten.de/staedte/duesseldorf/wir-muessen-diesen-spuk-endlich-beenden-id10390883.html) Oliver Ongaro, Mitorganisator der Initiative, „Düsseldorf stellt sich quer“ mehr oder wenig unverhohlen zur Gewalt aufrufen: Sprüche wie „Wir müssen diesen Spuk endlich beenden“, „Es darf keinen Raum mehr für Neonazi-Aufmärsche geben“ oder „Außerdem wurde des öfteren versucht, ein Absperrgitter der Polizei zu überwinden. Ich halte das für legitim“ lassen an der Eindeutigkeit der Ziele dieser Gestalt jedenfalls kaum Zweifel aufkommen. In der gleichen Ausgabe dieser Postille unterstützt dann der Redakteur Götz Middeldorf, unter dem Titel „Langsam reicht es“, die Hetze gegen das Verwaltungsgericht. Er beschwert sich dabei, dass die Demonstrationsfreiheit den falschen Leuten zugestanden werde, und, man horche auf, über die unverhältnismäßig hohen Polizeikosten, die anlässlich der Demonstrationen entstünden. Die Kosten produziert aber weder das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit seiner an Recht, Gesetz und Neutralität ausgerichteter Entscheidungen, noch die Dügida: für sie würden 2 Polizisten ausreichen die den Verkehr regeln. Nein: die Alleinschuld an verstopften Straßen, an Polizeiaufwand und Gewalt tragen diejenigen, denen Herr Middeldorf sein Blatt öffnet, um dort Straftaten zu propagieren oder zu verniedlichen.

So durfte in der Rheinischen Post vom 26.02.205 http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/versammlungsrecht-vor-extremisten-schuetzen-aid-1.4905113 der Sprecher des sog. Düsseldorfer Appells zu den Beschlüssen des VG sagen: „Die Waage solle sich nun in Richtung der Bedrohten und der Wiederherstellung der Bewegungsfreiheit normaler Menschen neigen. Niemand muss sich beleidigen oder bedrohen lassen.“ Damit verdrehte er die Tatsachenlage vorsätzlich in ihr Gegenteil: Wer je eine der Dügida-Versammlungen besucht hat, konnte erleben, welches Spießrutenlaufen die Teilnehmer der Versammlung insbesondere beim Abmarsch durchlaufen mussten, polizeigeschützte Schleichwege durch die Katakomben des Hauptbahnhofes eingeschlossen. Und wer den Frieden wahrte und wer nicht, kann auch Jeder auf den Internetseiten der Polizei oder soagr der Presse nachlesen.

So war wieder einmal der Oberbürgermeister empört (Bild Zeitung vom 24.02.2015 http://www.bild.de/regional/duesseldorf/duesseldorf/duegida-darf-doch-zur-moschee-39895346.bild.html), obwohl er als Kommunalorgan kein Verfahrensbeteiligter ist, denn Versammlungsbehörde ist in NRW das Land und nicht die Stadt Düsseldorf (s.o.).

Und schließlich präsentierte die Rheinische Post am 27.02.2015 (auch: http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/ich-bin-mehr-als-entsetzt-ueber-das-verwaltungsgericht-aid-1.4907781 ) den Geschäftsführer des Zentralrates der Juden NRW, um erstens ein generelles Dügida-Verbot zu fordern und zweitens die jüngste Gerichtsentscheidung  (Weg an der Moschee) mit dem Argument in Frage zu stellen, an einer der Straßen, an der die Kundgebung vorbei lief, lägen Stolpersteine. Sein unter dem Titel „Ich bin mehr als entsetzt über das Verwaltungsgericht“ gedrucktes Interview ist ein an Dreistigkeit schwer zu überbietender Versuch, das Gericht unter Druck zu setzen, den der Mann noch dadurch toppt, dass er dem Gericht unterstellt, sich wieder wie zur NS-Zeit hinter Paragraphen zu verstecken. Geradezu zynisch wird der jüdische Funktionär, wenn er dieses „wieder“ mit dem Halbsatz erläutert

 denn auch zur NS-Zeit zog braunes Gesocks über die Adersstraße und hat damals die jüdischen Menschen aus ihren Wohnungen gezerrt, verprügelt und vertrieben.“

Von wem Juden heute verprügelt und beschimpft werden, wissen wir. Es sind nicht diejenigen, die sich gegen Islamisierung aussprechen. Der Mann beweist damit eine strategische Unredlichkeit, die darauf setzt, mit kalkulierter Empörung Gehorsam zu erzeugen. Das ist nicht nur Gefährdung des Rechtsfriedens sondern erklärte Rechtsfeindschaft, was er mit der entlarvenden Äußerung, dass sich das Gericht über die Auflage der Versammlungsbehörde „hinweggesetzt“ habe, verdeutlicht. Auserwähltheit schützt vor Dummheit nicht: nach der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes entscheidet die Judikative über Maßnahmen der Exekutive, nicht umgekehrt. Daran müssen sich auch diejenigen halten, die fälschlicherweise annehmen, eine Sonderrolle in diesem Staate spielen zu dürfen. Ein Blick ins Grundgesetz, Artikel 3, erleichtert die Korrektur des Irrtums. Dass Politiker einem derartigen Affront trotzdem nachgeben würden, ist leider zu befürchten. Im Falle der Gerichtsbarkeit möge der Grundsatz der Unabhängigkeit davor sein. Wir hoffen es.   


All diese geifernden Schreihälse eint offensichtlich die Abscheu über die Unvoreingenommenheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Recht, richtig angewendet, fragt nun einmal nicht nach der politischen Gesinnung und schon gar nicht nach deren scheinheiliger Zurschaustellung. Recht gilt gemäß Artikel 3 GG, s.o., für alle gleich! Und Demokratie heißt, dass auch diejenigen sich mittels einer Versammlung nach Artikel 8 GG öffentlich äußern dürfen, die eine Minderheitenposition vertreten. Ja gerade für sie ist dieser Artikel geschaffen!

Wer das nicht anerkennt, ist ein Feind des Rechts. Dass man die L-Presse in dieser Phalanx findet, wundert einen genau so wenig, wie die gewaltaffinen Linksextremisten. Dass aber ein Oberbürgermeister sich nicht zu schäbig vorkommt, wieder und wieder mit vorlautem Mundwerk unsachgemäß gegen das Gericht zu wettern, und damit den Krawallmachern den Rücken zu stärken, stellt in der Tat eine Gefahr für den Rechtsfrieden dar. Offensichtlich braucht er noch viele Lektionen in Sachen Rechtsstaatlichkeit. Das Verwaltungsgericht wird sie ihm erteilen.